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Ausstellungseröffnung “gästeliste#5”
17. November 2019, 15:00

Gitte Villesen + Joerg Franzbecker
17. November – 15. Dezember 2019
Residenz: 4. – 16. November 2019
Ausstellung: 17. November – 15. Dezember 2019
Sonntag, 17. November 2019, 15.00 Uhr (Vernissage)
anläßlich der 35. Dahlenburger Kulturwoche
Grußworte: Christoph Maltzan, Bürgermeister der Samtgemeinde Dahlenburg
Begrüßung: Dr. Lukas Jockel, Vorsitzender Kunstraum Tosterglope e.V.
Eine ausgestellte Materialsichtung entlang der künstlerischen Arbeit und des politischen Engagements der Künstlerinnen Lucy Schwob / Claude Cahun und Suzanne Malherbe / Marcel Moore auf der Kanalinsel Jersey während der Besatzung durch die deutsche Wehrmacht im 2. Weltkrieg. Mit Gitte Villesen und Joerg Franzbecker sowie einer Einführung von Mascha Pöhls (Kuratorin).
Finissage: Sonntag, 15. Dezember 2019, 15 Uhr
Auch in diesem Jahr lädt der Kunstraum Tosterglope im Rahmen seiner Kurzresidenz „gästeliste“ ein – diesmal die Künstlerin Gitte Villesen und den Kurator Joerg Franzbecker als ihr “+1″.
Für ihr gästeliste-Projekt setzen die beiden das von ihrer künstlerischen Arbeit informierte politische Wirken der Künstlerinnen Lucy Schwob / Claude Cahun (1894–1954) und Suzanne Malherbe / Marcel Moore (1892–1972) auf Jersey während der deutschen Besatzung im 2. Weltkrieg an den Anfang ihrer Recherche.
Claude Cahun und Marcel Moore sind bekannt für eine Reihe von Fotografien, die die performativen Aspekte von Gender herausstellen. 1937 zogen die beiden von Paris auf die Kanalinsel Jersey, vermutlich bedingt durch die politische Situation in Frankreich, die angespannte Auseinandersetzung darüber in Kreisen der Surrealisten, in denen sich die beiden bewegten sowie ihre persönlichen Bedürfnisse. Mit ihrem Umzug nach Jersey, das den beiden von vielen früheren Aufentnhalten vertraut war, benutzten sie auch wieder ihre Geburtsnamen Lucy Schwob und Suzanne Malherbe. Als die deutsche Wehrmacht Jersey besetzte, entschieden sich die beiden trotz Alternativen, nicht weiter zu fliehen, sondern auf Jersey zu bleiben. In der Folge begannen Lucy Schwob und Suzanne Malherbe eine aussergewöhnliche Anti-Nazi-Propaganda-Aktion. Sie verteilten handgefertigte Flyer, die beispielsweise die Niederlage der Deutschen ankündigten oder das soldatische Dasein im Krieg thematisieren. In ihren späteren Erinnerungen beschreibt Lucy Schwob, wie es ihr und Suzanne Malherbe gelang, die Illusion einer größer angelegten Widerstandsbewegung zu schaffen. Nach mehreren Jahren des Widerstands wurden sie verraten, verhaftet und einem Verhör unterzogen, bei dem sie die Namen ihrer männlichen Mitverschwörer preisgeben sollten. Die deutschen Besatzer fanden es unvorstellbar, dass zwei Frauen mittleren Alters eine so waghalsige und umfangreiche Kampagne aus eigener Initiative und Kraft durchführen konnten. Die beiden wurden zu einer mehrjährigen Haftstrafe und zum Tode verurteilt. Letzteres wurde nicht vollstreckt.
Im Rahmen einer vorbereitenden Reise suchten Gitte Villesen und Joerg Franzbecker danach, wie sich das Wirken von Claude Cahun und Marcel Moore auf der Kanalinsel und im Archiv des Jersey Heritage Trust eingeschrieben hat. Das zusammengetragene Material bildet die Grundlage für den Arbeitsaufenthalt und die anschließende ausgestellte Materialsichtung in Tosterglope.
Gitte Villesen und Joerg Franzbecker beschäftigen sich in ihren Arbeiten auch damit, wie sich wie sich mit Formen der Imagination Wirklichkeit herstellen lässt und wie sich Ereignisse, künstlerische Begebenheiten und politische Handlungen in ein Landschaftsgefüge einschreiben. Ihnen liegt daran, Nähen herzustellen und aus diesem Näheverhältnis eine künstlerische-kuratorische Erzählung zu entwickeln. In diesem Fall beginnt die Erzählung in Jersey und zieht ihre Spuren nach Tosterglope. Zum bieten die beiden eine am 17. November eine Materialsichtung mit den Besucher*innen an.
Gitte Villesen stellt in ihrer künstlerischen Arbeit Begegnungen her. Sie interessiert sich dafür, wie Menschen und andere Wesen mit ihren Vorstellungen, Träumen und Wünschen im Rahmen Wirklichkeit herstellen und wie ihnen das im Rahmen ihrer ökonomischen, kulturellen, sozialen und geschlechtlichen Voraussetzungen möglich ist. In ihren jüngeren Arbeiten ist eine Verschiebung erkennbar, die Gittes jahrelange Lektüre feministischer Sci-Fi-Literatur verdeutlicht und die eigene Stimme entlang einer Reihe von Assoziationen betont. http://gittevillesen.com/
Joerg Franzbecker lebt in Berlin. Er ko-kuratiert, -veröffentlicht, -produziert verschiedene Formate im Kontext von Kunst, Performance und urbanem Raum. In jüngster Zeit tut und tat er dies mit Gitte Villesen, Yvonne Wilhelm, Suza Husse, Emma Haugh, knowbotiq, Hanne Loreck, Nguyen Trinh Thi, Eva Birkenstock, Discoteca Flaming Star, Berliner Hefte zu Geschichte und Gegenwart der Stadt, der Arthur Boskamp-Stiftung, nGbK und vielen wunderbaren anderen.
gästeliste #5 findet statt im Rahmen der 35. Dahlenburger Kulturwoche
gefördert von: