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In die Tiefe der Zeit
6. Februar 2022, 17:00

Konzert und Rezitation
BERNT HAHN, Rezitation
AXEL PORATH, Viola
MARGIT KERN, Akkordeon
Das Programm setzt sich zusammen aus transscribierten Liedern aus Schuberts “Schöne Müllerin” (1821)
Rezitationen von Gedichten von Wilhelm Müller und zeitgenössischen Kompositionen von
Birke Bertelsmeier, Wolfgang Rihm, Michael Denhoff und schließlich Toshio Hosokawa “In die Tiefe der Zeit” (1994)
„In die Tiefe der Zeit“ wirft den Blick aus der Gegenwart bis zu den Liedern Schuberts. Es ist ein Konzertprogramm, in dem zu den für die Besetzung Bratsche und Akkordeon ungewöhnlich transkribierten Liedern, die Rezitation von Gedichten tritt. Die Präsentation einer Auswahl von acht Liedern des Liederzyklus der schönen Müllerin als Transkription für Bratsche und Akkordeon mit eingewobenen Rezitationen der Gedichte von Wilhelm Müller ist ungewöhnlich. Der Reiz dieser Transkriptionen liegt in der völligen Ablösung der Gedichte von der musikalischen Struktur ihrer Vertonung. Ihre Stärke liegt darin, die Lieder in ihrer musikalischen Wärme und Ausdruckskraft jenseits des gesungenen Wortes, zum Ausdruck zu bringen. Die Wahrnehmung der Texte wird durch die Rezitation vollständig von der Musik gelöst. Auf diese Weise entsteht die Möglichkeit, ein Kleinod der Liedkunst auf völlig andere Art neu zu hören und seine textliche Gestalt neu zu deuten. Durch die völlige Fremdheit des Klanges der beiden Instrumente in diesem Zusammenhang entsteht eine neue Offenheit dem bereits Bekannten gegenüber.
Eine äußere Idylle kann im krassen Gegensatz zur erlebten Innenwelt stehen. So wie der Bach in Müllers Gedichten zum Gefährten für Zwiesprache und Spiegel der Stimmungen des Müllergesellen wird, so entsteht durch diese Rhytmisierung der ästhetischen Ebenen ein steter Wechsel der Innensicht und der Außenwelt. Dieser Perspektivwechsel, der in den ursprünglichen Gedichten immer wieder eine tragende Rolle spielt, gibt die Struktur – ja eher noch die Inspiration – für die Zusammenstellung der Werke. Der kontrastreiche Wechsel thematisiert dieses Changieren zwischen innen und außen. „In die Tiefe der Zeit“ verbindet damit Musik verschiedener Zeiten so miteinander, dass einerseits das Außen, die naturverbundenen Bilder in das Bewusstsein rücken und andererseits ein starker Kontrast mit der Innenwelt, dem eigenen Erleben, den eigenen Abgründen des Wanderers erzeugt und erlebbar wird.
Im Mittelpunkt steht Schuberts Zyklus „Die schöne Müllerin“, der zu Gedichten Wilhelm Müllers entstand. Dieser Zyklus aus dem Jahr 1821 entwickelt entlang eines Baches eine poetische Liebesgeschichte. Der Bach, das fließende Wasser, zieht den Wanderer in die Welt. Er wird Gefährte zur Zwiesprache und Spiegel der Stimmungen des Müllergesellen. Mit einem Spannungsbogen von Naturverbundenheit, Hoffnung, Enttäuschung und Trauer ist der Bach die Verbindung zwischen den Wechselbädern der Gefühle.
Die Werke der Neuen Musik stammen von Birke Bertelsmeier, Michael Denhoff, Toshio Hosokawa und Wolfgang Rihm. Sie bilden für das Aufeinanderprallen von innen und außen die notwendige Gegenthese. Wolfgang Rihms Fetzen ist ein energiegeladenes prägnantes Werk des großen Meisters für diese Besetzung. Es wirkt im Gesamtkontext wie ein kräftiger Zwischenschlag. Rihm selbst ist ein ausgemachter Schubertverehrer. Birke Bertelsmeier ging durch Rihms Komponistenschmiede. Sie ließ sich von der Idee des Charakterstücks inspirieren. Mit „Kiste“ für das Duo Porath – Kern entstand ein Werk von drei Momentaufnahmen des Kindseins aus der Erwachsenenperspektive. Es ist damit im besten Sinne ein Werk der Retrospektive auf die eigene Geschichtlichkeit. Michael Denhoffs Strophen fügen sich perfekt in das Gesamtbild ein. Der Titel ist eine Reminiszenz an die literarische Form Gedicht und greift damit in Länge und Komprimiertheit die Dichte der Schubertschen Lieder auf. Hosokawas „In die Tiefe der Zeit“ bildet einen ästhetischen und reflektiven Gegenpart zum Changieren zwischen Innen und Außen. Es formuliert die ästhetische Gegenthese des Programmes.
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